Proprietarismus: Unterschied zwischen den Versionen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
12 Bytes hinzugefügt ,  14:41, 29. Okt. 2021
keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 3: Zeile 3:
Der ''Proprietarismus'' wird oft auch ''Anarcho-Kapitalismus'' (''AnCap'' oder ''AnKap'') oder ''Libertarismus'', manchmal auch mit verschiedenen Zusätzen wie ''Marktlibertarismus'', ''Rechtslibertarismus'' oder ''Paläolibertarismus'' genannt. Diese Begriffe sind problematisch, weil sowohl der Begriff ''Libertarismus'' als auch der Begriff ''Anarchismus'' in den Ursprungsbedeutungen nicht mit ''proprietaristischen'' Ideen zu vereinbaren sind.
Der ''Proprietarismus'' wird oft auch ''Anarcho-Kapitalismus'' (''AnCap'' oder ''AnKap'') oder ''Libertarismus'', manchmal auch mit verschiedenen Zusätzen wie ''Marktlibertarismus'', ''Rechtslibertarismus'' oder ''Paläolibertarismus'' genannt. Diese Begriffe sind problematisch, weil sowohl der Begriff ''Libertarismus'' als auch der Begriff ''Anarchismus'' in den Ursprungsbedeutungen nicht mit ''proprietaristischen'' Ideen zu vereinbaren sind.


Der ''Proprietarismus'' strebt die Abschaffung des Allgemeinen Wahlrechts, also die Abschaffung der Demokratie an, da die Mehrheit nicht über das Eigentum bzw. Vermögen von Minderheiten bestimmen dürfe. Steuern seien gleichzusetzen mit Raub und der Sozialstaat, wenn nicht sogar alle Staaten, seien abzuschaffen. Der ''Proprietarismus'' findet sich vor allem in der Schule und Weiterentwicklung von [[Ludwig Mises]] und [[Friedrich August Hayek]]. In Deutschland wird der ''Proprietarismus'' unter anderem von der Zeitschrift [[Eigentümlich frei]] und von dem [[Mises-Institut]] vertreten.
Der ''Proprietarismus'' strebt die Abschaffung des Allgemeinen Wahlrechts, also die Abschaffung der Demokratie an, da die Mehrheit nicht über das Eigentum bzw. Vermögen von Minderheiten bestimmen dürfe. Steuern seien gleichzusetzen mit Raub und der Sozialstaat, wenn nicht sogar alle Staaten, seien abzuschaffen. Der ''Proprietarismus'' findet sich vor allem in der Schule und Weiterentwicklung von [[Ludwig Mises]] und [[Friedrich August Hayek]]. In Deutschland wird der ''Proprietarismus'' unter anderem von der Zeitschrift [[Eigentümlich frei]] und von dem [[Mises Institut Deutschland]] vertreten.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
Zeile 13: Zeile 13:
Diese Bezugnahme auf das Eigentum kann also nach Piketty auch genutzt werden, um Emanzipationsprozesse voranzubringen. Pikettys Begriff von "Proprietarismus" ist sehr weit gefasst. er sieht beispielsweise auch in der Sozialdemokratie eine kritische Erscheinungsform des Proprietarismus. Allerdings könne der Proprietarismus auch das Eigentum sakralisieren: „Vom 19. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg setzten sich vor allem der übersteigerte Proprietarismus und die Quasi-Sakralisierung des Privateigentums durch.“ (ebd.: 167). Hierbei sei ein zentrales Argument des sakralen Proprietarismus, dass der Begriff der soziale Gerechtigkeit „unausweichlich immer unvollkommen definiert und akzeptiert sei“ (ebd.) und dass daher ein Hinterfragen der Eigentumsverteilung zu einem unendlichen Sog ins Chaos würde, was letztlich auch den Armen schade. Dieses Argument der Stabilität nahm nach Piketty religiöse Züge an und bestimmte auch die Ablehnung des allgemeinen Wahlrechts. Die 'weichere' und kritischere Form des Proprietarismus, wie sie sich in der Sozialdemokratie und neoliberalen Positionen darstellte, argumentiert hingegen mit der Emanzipation und daher meritokratisch: Eigentum soll erhalten, wer etwas leistet (ebd.). Für die heutigen kapitalistischen Gesellschaften wird (noch) der meritokratische Proprietarismus herangezogen: „Den Ungleichheiten Sinn zu verleihen und die Position der Gewinner zu rechtfertigen ist eine überlebenswichtige Frage. Die Ungleichheit ist ein erster Linie ideologischer Natur. Der heutige Neoproprietarismus versteht sich gerade deshalb als meritokratisch, weil er nicht mehr explizit ein Zensussystem [z.B. Dreiklassenwahlrecht; A.K.] vertreten kann, anders als der klassische Proprietarismus zu Beginn des 19. Jahrhunderts.“ (ebd.: 890).
Diese Bezugnahme auf das Eigentum kann also nach Piketty auch genutzt werden, um Emanzipationsprozesse voranzubringen. Pikettys Begriff von "Proprietarismus" ist sehr weit gefasst. er sieht beispielsweise auch in der Sozialdemokratie eine kritische Erscheinungsform des Proprietarismus. Allerdings könne der Proprietarismus auch das Eigentum sakralisieren: „Vom 19. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg setzten sich vor allem der übersteigerte Proprietarismus und die Quasi-Sakralisierung des Privateigentums durch.“ (ebd.: 167). Hierbei sei ein zentrales Argument des sakralen Proprietarismus, dass der Begriff der soziale Gerechtigkeit „unausweichlich immer unvollkommen definiert und akzeptiert sei“ (ebd.) und dass daher ein Hinterfragen der Eigentumsverteilung zu einem unendlichen Sog ins Chaos würde, was letztlich auch den Armen schade. Dieses Argument der Stabilität nahm nach Piketty religiöse Züge an und bestimmte auch die Ablehnung des allgemeinen Wahlrechts. Die 'weichere' und kritischere Form des Proprietarismus, wie sie sich in der Sozialdemokratie und neoliberalen Positionen darstellte, argumentiert hingegen mit der Emanzipation und daher meritokratisch: Eigentum soll erhalten, wer etwas leistet (ebd.). Für die heutigen kapitalistischen Gesellschaften wird (noch) der meritokratische Proprietarismus herangezogen: „Den Ungleichheiten Sinn zu verleihen und die Position der Gewinner zu rechtfertigen ist eine überlebenswichtige Frage. Die Ungleichheit ist ein erster Linie ideologischer Natur. Der heutige Neoproprietarismus versteht sich gerade deshalb als meritokratisch, weil er nicht mehr explizit ein Zensussystem [z.B. Dreiklassenwahlrecht; A.K.] vertreten kann, anders als der klassische Proprietarismus zu Beginn des 19. Jahrhunderts.“ (ebd.: 890).


== Der ''Proprietarismus'' der ''Mises-Institute'' ==
== Der ''Proprietarismus'' der ''Mises Institute'' ==
Der ''Proprietarismus'' im engeren Sinne, der ''sakrale Proprietarismus'', strebt eine modernisierte Form der ''Eigentumsgesellschaften'' an, bspw. die [[Reine Privatrechtsgesellschaft|reinen Privatrechtsgesellschaften]] nach [[Hans-Hermann Hoppe]], wie sie in den [[Mises-Institute]]n gepredigt werden. Staatliche Institutionen sollen möglichst vollständig von Unternehmen ersetzt werden, also auch Gerichte und Polizei. Steuern und Sozialstaat werden in dieser Ideologie als "Raub" bezeichnet.
Der ''Proprietarismus'' im engeren Sinne, der ''sakrale Proprietarismus'', strebt eine modernisierte Form der ''Eigentumsgesellschaften'' an, bspw. die [[Reine Privatrechtsgesellschaft|reinen Privatrechtsgesellschaften]] nach [[Hans-Hermann Hoppe]], wie sie in den [[Mises Institute]]n gepredigt werden. Staatliche Institutionen sollen möglichst vollständig von Unternehmen ersetzt werden, also auch Gerichte und Polizei. Steuern und Sozialstaat werden in dieser Ideologie als "Raub" bezeichnet.


== Differenz zwischen Libertarismus/ Anarchismus und Proprietarismus ==
== Differenz zwischen Libertarismus/ Anarchismus und Proprietarismus ==

Navigationsmenü