Privarismus: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Privarismus''' (von lateinsch "privare": rauben) (auch ''Enklaven-Libertarismus'' / ''Enklaven-Proprietarismus'') ist die seit 2008 entwickelte Strategie eines radikalisierten Neoliberalismus ([[Proprietarismus]]), Demokratien lokal die Entscheidungsstrukturen zu nehmen und an [[Privatstädte|Privatstadtunternehmen]] zu übertragen, damit in den ''Privatstädten'' [[Kapitalismus]] ohne demokratische Kontrolle umgesetzt werden kann.
'''Privarismus''' (von lateinsch "privare": rauben) (auch ''Enklaven-Libertarismus'' / ''Enklaven-Proprietarismus'') ist die seit 2008 entwickelte Strategie eines radikalisierten Neoliberalismus ([[Proprietarismus]]) mit dem Ziel, Demokratien lokal die Entscheidungsstrukturen zu nehmen und an [[Privatstädte|Privatstadtunternehmen]] zu übertragen, damit in den ''Privatstädten'' [[Kapitalismus|kapitalistische Verwertung]] ohne demokratische Kontrolle umgesetzt werden kann.


Nach dem Putsch von 2009 wurde zunächst in Honduras an drei Standorten die privaristische Strategie der Gründung von Sonderentwicklungszonen umgesetzt ([[Próspera]], [[Ciudad Morazán]], [[Orquidea]]).
Zunächst wurde nach dem rechtsnationalistischen Putsch von 2009 in Honduras an drei Standorten die privaristische Strategie der Gründung von Sonderentwicklungszonen umgesetzt: [[Próspera]], [[Ciudad Morazán]] und [[Orquidea]].


== ''Enklaven-Libertarismus'' als ''post-neoliberale'' Strategie ==
== ''Enklaven-Libertarismus'' als ''post-neoliberale'' Strategie ==
Die Strategie des ''Privarismus'' wurde 2017 von Casey R. Lynch in der Zeitschrift ''Political Geography'' als ''Enklaven-Libertarismus'' beschrieben.<ref>Lynch, Casey R. (2017): »Vote with your feet«: Neoliberalism, the democratic nationstate, and utopian enclave libertarianism 2017, Political Geography, 59, 82-91. 10.1016/j.polgeo.2017.03.005</ref>
Die Strategie des ''Privarismus'' wurde 2017 von Casey R. Lynch in der Zeitschrift ''Political Geography'' als ''Enklaven-Libertarismus'' beschrieben.<ref>Lynch, Casey R. (2017): »Vote with your feet«: Neoliberalism, the democratic nationstate, and utopian enclave libertarianism 2017, Political Geography, 59, 82-91. 10.1016/j.polgeo.2017.03.005</ref>


Nach Lynch sei der ''Enklaven-Libertarismus'' eine Variante des Neoliberalismus. Im Gegensatz zu den Behauptungen seiner Befürworter*innen sei "der Neoliberalismus kein Prozess der Deregulierung, sondern eine Re-Regulierung, die alle Aspekte des Lebens stärker kapitalistischer Rationalität" unterordne.<ref>eigene Übersetzung, im Original: "Key here is the notion that—in contrast the claims put forward by its supporters—neoliberalism does not constitute a process of deregulation, but rather a re-regulation that more fully subordinates all aspects of life to a capitalistic rationality."; Lynch, Casey R. (2017): »Vote with your feet«: Neoliberalism, the democratic nationstate, and utopian enclave libertarianism 2017, Political Geography, 59, 82-91. 10.1016/j.polgeo.2017.03.005, S. 8</ref> Hierbei reagiere der Neoliberalismus als Ideologie auf die Krisen des Kapitalismus. So führte die Weltwirtschaftskrise der 1920er zur Entstehung des Neoliberalismus im Lippmann Colloquim. Das Auftauchen der Ideologie des Neoliberalismus im Mainstream sei durch eine Reihe von Wirtschaftskrisen in den 1970er Jahren zu erklären. Die Krise von 2008 führte zu Spekulationen, wie sich der Neoliberalismus nun entwickeln würde. Lynch schließt sich hier nicht der Argumentation an, dass die 'neoliberale Ära', die zur Finanzkrise führte, nun vorbei sei. Vielmehr werde nun deutlich, dass Neoliberalisierungsprozesse sich "in vielen Bereichen beschleunigt" hätten und "mit neuen Strategien und zunehmend autoritären und antidemokratischen Mitteln fortgesetzt" würden.<ref>eigene Übersetzung, im Original: "Some began to argue that the “neoliberal era” leading up to the financial crisis was simply a particular moment in long term cycles of capitalist development, predicting dramatic shifts away from neoliberal policies globally in the following years (Wallerstein 2008; Dumenil and Levy 2013). Yet, it has become increasingly clear that neoliberalism has not only survived the crisis, but processes of neoliberalization have accelerated in many areas, and have been pursued through new strategies and increasingly authoritarian and anti-democratic means (Peck et al., 2013; Abrahamsson and Ek, 2014; Amar, 2013; Brown 2015; Mirowski 2014)." ;ebd., S.10</ref> Im Rahmen dieser Neoliberalisierungstenzen seit 2008 verortet Lynch das Erstarken des sogenannten (Wirtschafts-)''"Libertarismus"'', den ich mit [[Murray Bookchin]] lieber als [[Proprietarismus]] bezeichnen würde, und der nicht mehr nur neoliberale Minimalstaaten einfordert, sondern die komplette Ersetzung von Staaten durch reine "Privatrechtsgesellschaften". Und mit diesem Erstarken entwickelte sich der ''"Enklaven-Libertarismus"'' als neue "neoliberale" "Bewegung":
Nach Lynch sei der ''Enklaven-Libertarismus'' eine Variante des Neoliberalismus. Im Gegensatz zu den Behauptungen seiner Befürworter*innen sei "der Neoliberalismus kein Prozess der Deregulierung, sondern eine Re-Regulierung, die alle Aspekte des Lebens stärker kapitalistischer Rationalität" unterordne.<ref>eigene Übersetzung, im Original: "Key here is the notion that—in contrast the claims put forward by its supporters—neoliberalism does not constitute a process of deregulation, but rather a re-regulation that more fully subordinates all aspects of life to a capitalistic rationality."; Lynch, Casey R. (2017): »Vote with your feet«: Neoliberalism, the democratic nationstate, and utopian enclave libertarianism 2017, Political Geography, 59, 82-91. 10.1016/j.polgeo.2017.03.005, S. 8</ref> Hierbei reagiere der Neoliberalismus als Ideologie auf die Krisen des Kapitalismus. So führte die Weltwirtschaftskrise der 1920er zur Entstehung des Neoliberalismus im Lippmann Colloquim. Das Auftauchen der Ideologie des Neoliberalismus im Mainstream sei durch eine Reihe von Wirtschaftskrisen in den 1970er Jahren zu erklären. Die Krise von 2008 führte zu Spekulationen, wie sich der Neoliberalismus nun entwickeln würde. Lynch schließt sich hier nicht der Argumentation an, dass die 'neoliberale Ära', die zur Finanzkrise führte, nun vorbei sei. Vielmehr werde nun deutlich, dass Neoliberalisierungsprozesse sich "in vielen Bereichen beschleunigt" hätten und "mit neuen Strategien und zunehmend autoritären und antidemokratischen Mitteln fortgesetzt" würden.<ref>eigene Übersetzung, im Original: "Some began to argue that the “neoliberal era” leading up to the financial crisis was simply a particular moment in long term cycles of capitalist development, predicting dramatic shifts away from neoliberal policies globally in the following years (Wallerstein 2008; Dumenil and Levy 2013). Yet, it has become increasingly clear that neoliberalism has not only survived the crisis, but processes of neoliberalization have accelerated in many areas, and have been pursued through new strategies and increasingly authoritarian and anti-democratic means (Peck et al., 2013; Abrahamsson and Ek, 2014; Amar, 2013; Brown 2015; Mirowski 2014)." ;ebd., S.10</ref> Im Rahmen dieser Neoliberalisierungstenzen seit 2008 verortet Lynch das Erstarken des sogenannten (Wirtschafts-)''"Libertarismus"'', den ich mit [[Murray Bookchin]] lieber als [[Proprietarismus]] bezeichnen würde, und der nicht mehr nur neoliberale Minimalstaaten einfordert, sondern die komplette Ersetzung von Staaten durch reine "Privatrechtsgesellschaften". Und mit diesem Erstarken entwickele sich der ''"Enklaven-Libertarismus"'' als neue "neoliberale" "Bewegung":


  "Im Rahmen der allgemeinen Neoliberalisierungstendenzen nach der Krise haben libertäre Organisationen und Aktivist*innen besonders lautstark für ihre Visionen einer Zukunft des freien Marktes geworben, die nicht durch die regulierende Rolle der bestehenden Staaten behindert wird. In den letzten Jahren haben bestimmte einige libertäre Denker*innen und Organisationen begonnen, für die Schaffung von autonomen Jurisdiktionen, die aus den Territorien der bestehenden Staaten herausgelöst werden. Diese Bewegung, die ich als "Enklaven-Libertarismus" bezeichne, lässt sich von den Idealen der klassischen politischen Ökonomie inspirieren, sowie dem Werk von [[Ayn Rand]] und einer Fetischisierung der schnellen Urbanisierung und des wirtschaftlichen Erfolgs bestimmter moderner Stadtstaaten wie Dubai, Singapur und Hongkong."<ref>eigene Übersetzung, im Original: "As part of the broader trends of post-crisis neoliberalization, libertarian organizations and activists have been particularly vocal in promoting their visions for a free market future unhindered by the regulatory roles of existing states. Over the past several years, certain libertarian thinkers and organizations have begun advocating for the creation of autonomous jurisdictions carved out of the territories of existing states. This movement, which I term “enclave libertarianism,” draws inspiration from the ideals of classic political economy, as well as the work of Ayn Rand and a fetishization of the rapid urbanization and economic success of certain modern-day city-states, like Dubai, Singapore, and Hong Kong."; ebd., S. 12</ref>
  "Im Rahmen der allgemeinen Neoliberalisierungstendenzen nach der Krise haben libertäre Organisationen und Aktivist*innen besonders lautstark für ihre Visionen einer Zukunft des freien Marktes geworben, die nicht durch die regulierende Rolle der bestehenden Staaten behindert wird. In den letzten Jahren haben bestimmte libertäre Denker*innen und Organisationen begonnen, für die Schaffung von autonomen Jurisdiktionen, die aus den Territorien der bestehenden Staaten herausgelöst werden. Diese Bewegung, die ich als "Enklaven-Libertarismus" bezeichne, lässt sich von den Idealen der klassischen politischen Ökonomie inspirieren, sowie dem Werk von [[Ayn Rand]] und einer Fetischisierung der schnellen Urbanisierung und des wirtschaftlichen Erfolgs bestimmter moderner Stadtstaaten wie Dubai, Singapur und Hongkong."<ref>eigene Übersetzung, im Original: "As part of the broader trends of post-crisis neoliberalization, libertarian organizations and activists have been particularly vocal in promoting their visions for a free market future unhindered by the regulatory roles of existing states. Over the past several years, certain libertarian thinkers and organizations have begun advocating for the creation of autonomous jurisdictions carved out of the territories of existing states. This movement, which I term “enclave libertarianism,” draws inspiration from the ideals of classic political economy, as well as the work of Ayn Rand and a fetishization of the rapid urbanization and economic success of certain modern-day city-states, like Dubai, Singapore, and Hong Kong."; ebd., S. 12</ref>


Während zunächst die Idee im Raum stand, in national unbeanspruchten Räumen der Ozeane eigene Seestädte zu errichten, ging man schnell dazu über, innerhalb von kleineren Staaten wie Honduras und Georgien Städte zu planen - angeblich in Gegenden, die zu unbedeutend für Streitereien seien:
Während zunächst die Idee im Raum stand, in national unbeanspruchten Räumen der Ozeane eigene Seestädte zu errichten, ging man schnell dazu über, innerhalb von kleineren Staaten wie Honduras und Georgien Städte zu planen - angeblich in Gegenden, die zu unbedeutend für Streitereien seien:


  "Diese neue Strategie hat die Befürworter von [[Startup Cities]] und [[LEAP-Zonen]] [LEAP ist die Abkürzung für legal, economic, administrative, political; A.K.] dazu veranlasst, Räume in bestehenden Ländern ausfindig zu machen, die 'zu klein und zu leer sind, um um sie zu streiten' (Klugmann 2013b; Klugmann 2014), wo die bestehenden Staaten bereit sein könnten, die meisten formalen Befugnisse abzutreten. Die Manipulation bestehender politischer Grenzen und Abgrenzungen bietet Libertären theoretisch die Möglichkeit, einen eigenen Raum zu schaffen und so 'bei Null anzufangen' und ein völlig neues rechtliches, wirtschaftliches, administratives und politisches System - und einen physischen Raum - aufzubauen, in dem Märkte ungehindert herrschen können."<ref>eigene Übersetzung, im Original: "This new strategy has led supporters of Startup Cities and LEAP Zones to seek out spaces in existing countries deemed “too small and too empty to fight over” (Klugmann 2013b; Klugmann 2014), where existing states may be willing to cede most formal authority. Manipulating existing political borders and boundaries theoretically offers libertarians the chance to carve out a space of their own and thus “start from scratch” building an entirely new legal, economic, administrative, and political system—and physical space—in which markets can rule unhindered."; ebd., S.18</ref>
  "Diese neue Strategie hat die Befürworter*innen von [[Startup Cities]] und [[LEAP-Zonen]] [LEAP ist die Abkürzung für legal, economic, administrative, political; A.K.] dazu veranlasst, Räume in bestehenden Ländern ausfindig zu machen, die 'zu klein und zu leer sind, um um sie zu streiten' (Klugmann 2013b; Klugmann 2014), wo die bestehenden Staaten bereit sein könnten, die meisten formalen Befugnisse abzutreten. Die Manipulation bestehender politischer Grenzen und Abgrenzungen bietet Libertären theoretisch die Möglichkeit, einen eigenen Raum zu schaffen und so 'bei Null anzufangen' und ein völlig neues rechtliches, wirtschaftliches, administratives und politisches System - und einen physischen Raum - aufzubauen, in dem Märkte ungehindert herrschen können."<ref>eigene Übersetzung, im Original: "This new strategy has led supporters of Startup Cities and LEAP Zones to seek out spaces in existing countries deemed “too small and too empty to fight over” (Klugmann 2013b; Klugmann 2014), where existing states may be willing to cede most formal authority. Manipulating existing political borders and boundaries theoretically offers libertarians the chance to carve out a space of their own and thus “start from scratch” building an entirely new legal, economic, administrative, and political system—and physical space—in which markets can rule unhindered."; ebd., S.18</ref>


Lynch hat in seinem Artikel verschiedene Kernelemente des ''Enklaven-Libertarismus'' herausgearbeitet. Einhergehend mit der Ablehnung des Staates wird auch die Demokratie abgelehnt und jegliche Form eines politischen Interessenausgleiches. In dieser Ideologie existiert Gesellschaft und Politik nicht, sondern nur Akteur*innen, die gegenseitig Verträge abschließen, für die die volle Vertragsfreiheit gelte.<ref>"Ausdrücklicher schreibt Patri Friedman (2009) unter Berufung auf Caplans The Myth of the Rational Voter (2007) und Olsons (1984) The Rise and Decline of Nations: 'Demokratie ist nicht die Antwort. Die Demokratie ist das derzeitige politische Standardsystem, aber leider ist sie für einen libertären Staat schlecht geeignet. Sie hat erhebliche systemische Mängel, die an anderer Stelle gut beschrieben sind, und sie wirft große Probleme speziell für Libertäre: 1) Die meisten Menschen sind nicht von Natur aus Libertäre... [und] 2) Die Demokratie ist gegen Libertäre manipuliert.' (Friedman 2009)", eigene Übersetzung, im Original: "More explicitly, Patri Friedman (2009), citing Caplan’s The Myth of the Rational Voter (2007) and Olson’s (1984) The Rise and Decline of Nations, writes: 'Democracy is not the answer. Democracy is the current industry standard political system, but unfortunately it is ill-suited for a libertarian state. It has substantial systemic flaws, which are well-covered elsewhere, and it poses major problems specifically for libertarians: 1) Most people are not by nature libertarians… [and] 2) Democracy is rigged against libertarians.'; ebd., S.19</ref> Demokratie werde reduziert auf eine "Abstimmung mit den Füßen", die "dynamische Geografie" genannt werde: Wenn es einem in einer Privatstadt nicht gefalle, könne man ja zur nächsten Privatstadt wandern.<ref>"Enklaven-Libertäre präsentieren stattdessen eine alternative Auffassung von Demokratie und ein Modell für individuelle Wahlmöglichkeiten, das sich weitgehend auf ihre zuvor diskutierten Ideale der Vereinigungsfreiheit (Nationen gleichgesinnter Individuen) und der 'dynamischen Geografie' stützt. Durch die Zersplitterung bestehender Gebiete in kleinere konkurrierende Gerichtsbarkeiten können sich Einwohner*innen und Investor'innen für die Gerichtsbarkeit und den Regierungsrahmen entscheiden, der ihren Bedürfnissen am besten entspricht oder ihre Werte widerspiegelt. Laut dem [[Startup Cities Institute]] (2014, 4) können in dieser Situation 'die Einwohner*innen 'mit den Füßen abstimmen'. Die Menschen können viel leichter und sicherer von einer Stadt in eine andere ziehen als in ein anderes Land.' Dieses neue Verständnis von Regierung als Markt und demokratischer Bürgerschaft als Konsum von Dienstleistungen spiegelt sich auch im [[Seasteading Institute]] wider, das behauptet, dass 'Seasteads von Natur aus den Bürger*innn die Technologie zur Verfügung stellen würden, um sich fließend zwischen Regierungen zu bewegen. Im Seasteading-Modell würden die Bürger*inn die Rolle von Kund*innen übernehmen, die ihre Regierung nach ihren individuellen Präferenzen auswählen" (The Seasteading Institute 2014, 8-9). Auf diese Weise versuchen Enklaven-Libertäre, den Staat in den Markt aufzulösen, indem sie den Staat als privates Unternehmen neu definieren, welches die zur Unterstützung einer Marktwirtschaft erforderlichen Dienstleistungen anbietet, und Einzelne als mobilen Verbraucher*innen staatlicher Dienstleistungen neu definieren"; eigene Übersetzung, im Original: "Enclave libertarians instead present an alternative conception of democracy and model for individual choice based largely upon their previously discussed ideals of freedom of association (nations of like-minded individuals) and ‘dynamic geography.’ By fragmenting existing territories into smaller competing jurisdictions, residents and investors can ‘opt-in’ to the jurisdiction and governing framework that best fits their needs or reflects their values. According to the Startup Cities Institute (2014, 4), in this situation “[c]itizens are able to ‘vote with their feet.’ People can move between cities much more easily and safely than they can cross into another nation.” This reconception of government as a market and democratic citizenship as consumption of services is also reflected in The Seasteading Institute, which claims that “seasteads, by their very nature, would provide citizens with the technology to move fluidly among governments. In the seasteading model, citizens would take on the role of customers, choosing their government according to their unique preferences” (The Seasteading Institute 2014, 8-9). In this way, enclave libertarians seek to dissolve the state into the market, redefining the state as a private enterprise that offers the needed services to support a market economy, and redefining individuals as mobile consumers of state services."; ebd., S.20f.</ref>
Lynch hat in seinem Artikel verschiedene Kernelemente des ''Enklaven-Libertarismus'' herausgearbeitet. Einhergehend mit der Ablehnung des Staates wird auch die Demokratie abgelehnt und jegliche Form eines politischen Interessenausgleiches. In dieser Ideologie existiert Gesellschaft und Politik nicht, sondern nur Akteur*innen, die gegenseitig Verträge abschließen, für die die volle Vertragsfreiheit gelte.<ref>"Ausdrücklicher schreibt Patri Friedman (2009) unter Berufung auf Caplans The Myth of the Rational Voter (2007) und Olsons (1984) The Rise and Decline of Nations: 'Demokratie ist nicht die Antwort. Die Demokratie ist das derzeitige politische Standardsystem, aber leider ist sie für einen libertären Staat schlecht geeignet. Sie hat erhebliche systemische Mängel, die an anderer Stelle gut beschrieben sind, und sie wirft große Probleme speziell für Libertäre: 1) Die meisten Menschen sind nicht von Natur aus Libertäre... [und] 2) Die Demokratie ist gegen Libertäre manipuliert.' (Friedman 2009)", eigene Übersetzung, im Original: "More explicitly, Patri Friedman (2009), citing Caplan’s The Myth of the Rational Voter (2007) and Olson’s (1984) The Rise and Decline of Nations, writes: 'Democracy is not the answer. Democracy is the current industry standard political system, but unfortunately it is ill-suited for a libertarian state. It has substantial systemic flaws, which are well-covered elsewhere, and it poses major problems specifically for libertarians: 1) Most people are not by nature libertarians… [and] 2) Democracy is rigged against libertarians.'; ebd., S.19</ref> Demokratie werde reduziert auf eine "Abstimmung mit den Füßen", die "dynamische Geografie" genannt werde: Wenn es einem in einer Privatstadt nicht gefalle, könne man ja zur nächsten Privatstadt wandern.<ref>"Enklaven-Libertäre präsentieren stattdessen eine alternative Auffassung von Demokratie und ein Modell für individuelle Wahlmöglichkeiten, das sich weitgehend auf ihre zuvor diskutierten Ideale der Vereinigungsfreiheit (Nationen gleichgesinnter Individuen) und der 'dynamischen Geografie' stützt. Durch die Zersplitterung bestehender Gebiete in kleinere konkurrierende Gerichtsbarkeiten können sich Einwohner*innen und Investor'innen für die Gerichtsbarkeit und den Regierungsrahmen entscheiden, der ihren Bedürfnissen am besten entspricht oder ihre Werte widerspiegelt. Laut dem [[Startup Cities Institute]] (2014, 4) können in dieser Situation 'die Einwohner*innen 'mit den Füßen abstimmen'. Die Menschen können viel leichter und sicherer von einer Stadt in eine andere ziehen als in ein anderes Land.' Dieses neue Verständnis von Regierung als Markt und demokratischer Bürgerschaft als Konsum von Dienstleistungen spiegelt sich auch im [[Seasteading Institute]] wider, das behauptet, dass 'Seasteads von Natur aus den Bürger*innn die Technologie zur Verfügung stellen würden, um sich fließend zwischen Regierungen zu bewegen. Im Seasteading-Modell würden die Bürger*inn die Rolle von Kund*innen übernehmen, die ihre Regierung nach ihren individuellen Präferenzen auswählen" (The Seasteading Institute 2014, 8-9). Auf diese Weise versuchen Enklaven-Libertäre, den Staat in den Markt aufzulösen, indem sie den Staat als privates Unternehmen neu definieren, welches die zur Unterstützung einer Marktwirtschaft erforderlichen Dienstleistungen anbietet, und Einzelne als mobilen Verbraucher*innen staatlicher Dienstleistungen neu definieren"; eigene Übersetzung, im Original: "Enclave libertarians instead present an alternative conception of democracy and model for individual choice based largely upon their previously discussed ideals of freedom of association (nations of like-minded individuals) and ‘dynamic geography.’ By fragmenting existing territories into smaller competing jurisdictions, residents and investors can ‘opt-in’ to the jurisdiction and governing framework that best fits their needs or reflects their values. According to the Startup Cities Institute (2014, 4), in this situation “[c]itizens are able to ‘vote with their feet.’ People can move between cities much more easily and safely than they can cross into another nation.” This reconception of government as a market and democratic citizenship as consumption of services is also reflected in The Seasteading Institute, which claims that “seasteads, by their very nature, would provide citizens with the technology to move fluidly among governments. In the seasteading model, citizens would take on the role of customers, choosing their government according to their unique preferences” (The Seasteading Institute 2014, 8-9). In this way, enclave libertarians seek to dissolve the state into the market, redefining the state as a private enterprise that offers the needed services to support a market economy, and redefining individuals as mobile consumers of state services."; ebd., S.20f.</ref>

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