Akademisches Proletariat: Unterschied zwischen den Versionen

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* 1972: [[Winfried Schlaffke]] warnte in seinem Buch ''Akademisches Proletariat?'' vor der Entstehung eines solchen u.a. mit folgenden Worten:
* 1972: [[Winfried Schlaffke]] warnte in seinem Buch ''Akademisches Proletariat?'' vor der Entstehung eines solchen u.a. mit folgenden Worten:
  „Als akademisches Proletariat pflegt man ja solche Gruppen von Intellektuellen zu bezeichnen, denen es nicht gelingt, sich in die Gesellschaft zu integrieren, deren Einkommensentwicklung im Vergleich zu ihrem Leistungsvermögen und zu anderen Schichten zurückgeblieben ist und die daher ein Kampfstellung gegen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft eingenommen haben, weil sie keinen anderen Weg sehen, aus ihrer Lage herauszukommen. Vor den Gefahren eines solchen akademischen Proletariats wird seit über hundert Jahren immer wieder gewarnt. Unsere gegenwärtige Bildungsexpansion, die selbst die seriöse Literatur mit Begriffen wie 'Abiturientenexplosion' und 'Studenteneskalation' umschreibt, nährt […] die Furcht vor den viel zu vielen Hochschulabsolventen. [S.9] […] Die zu Recht weltweit diskutierte bildungspolitische Forderung nach Chancengleichheit verführte zu […] falschen Schlüssen. Man bemühte sich nämlich nicht, jedem auf seinem Begabungsfeld die denkbar beste Förderung und Entwicklung angedeihen zu lassen und ihm die entsprechen Möglichkeiten des Aufstiegs zu bieten, sondern glaubte allen Ernstes, Chancengleichheit sei nur eine Frage der Organisation, die möglichst alle Bildungswege in der Hochschule enden läßt und das, obwohl von hundert Hauptschülern dreißig ihr Ziel nicht erreichen. […] Die weitere Folge war die ideelle und finanzielle Vernachlässigung der beruflichen Bildung seitens jener Bildungspolitik, die die Voraussetzung der Chancengleichheit nicht etwa in der Vielfalt des Bildungswesens und nicht in der Anerkennung hochwertiger praktischer Bildung, sondern in der Gleichmacherei einer möglichst langen 'Verweildauer' aller in allgemeinbildenden Schulen als gegeben ansahen. [S.39f.] […] 'Wenn die bisher üblichen Verfahren der Ausbildung, der Berechtigung und Laufbahnen mit schnell steigenden Studentenmengen fortgeführt werden, sind', befürchten Friedrich Edding und Dietrich Goldschmitdt […] 'schwere Spannungen unvermeidbar'. Damit ist in der Tat das Kernproblem bezeichnet, das gar nicht einmal primär in der rasch zunehmenden Zahl von Akademikern, also nicht in der Quantität, sondern in den einseitig oder verfehlt angelegten Studiengängen und -inhalten besteht. […] Wie will der Politologe, dessen Hauptgebiete 'Theorie des Klassenkampfes' und 'Strategie der Systemüberwindung' waren, seinen Schülern im Sozialkundeunterricht das Funktionieren unseres Wirtschaftssystems beibringen? [S. 47f.] […] Es ist längst kein Geheimnis mehr, daß an unseren Hochschulen die Studien- und Prüfungsreform liegengeblieben ist, daß Ideologisierung und Radikalisierung zu einem Leistungsabfall geführt haben und daß die quantitative 'Studenteneskalation' die Chancen im späteren Beruf beeinträchtigt und die jungen Menschen verunsichert.“<ref>Winfried Schlaffke (1972): Akademisches Proletariat?, Osnabrück</ref>
  „Als akademisches Proletariat pflegt man ja solche Gruppen von Intellektuellen zu bezeichnen, denen es nicht gelingt, sich in die Gesellschaft zu integrieren, deren Einkommensentwicklung im Vergleich zu ihrem Leistungsvermögen und zu anderen Schichten zurückgeblieben ist und die daher eine Kampfstellung gegen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft eingenommen haben, weil sie keinen anderen Weg sehen, aus ihrer Lage herauszukommen. Vor den Gefahren eines solchen akademischen Proletariats wird seit über hundert Jahren immer wieder gewarnt. Unsere gegenwärtige Bildungsexpansion, die selbst die seriöse Literatur mit Begriffen wie 'Abiturientenexplosion' und 'Studenteneskalation' umschreibt, nährt […] die Furcht vor den viel zu vielen Hochschulabsolventen. [S.9] […] Die zu Recht weltweit diskutierte bildungspolitische Forderung nach Chancengleichheit verführte zu […] falschen Schlüssen. Man bemühte sich nämlich nicht, jedem auf seinem Begabungsfeld die denkbar beste Förderung und Entwicklung angedeihen zu lassen und ihm die entsprechen Möglichkeiten des Aufstiegs zu bieten, sondern glaubte allen Ernstes, Chancengleichheit sei nur eine Frage der Organisation, die möglichst alle Bildungswege in der Hochschule enden läßt und das, obwohl von hundert Hauptschülern dreißig ihr Ziel nicht erreichen. […] Die weitere Folge war die ideelle und finanzielle Vernachlässigung der beruflichen Bildung seitens jener Bildungspolitik, die die Voraussetzung der Chancengleichheit nicht etwa in der Vielfalt des Bildungswesens und nicht in der Anerkennung hochwertiger praktischer Bildung, sondern in der Gleichmacherei einer möglichst langen 'Verweildauer' aller in allgemeinbildenden Schulen als gegeben ansahen. [S.39f.] […] 'Wenn die bisher üblichen Verfahren der Ausbildung, der Berechtigung und Laufbahnen mit schnell steigenden Studentenmengen fortgeführt werden, sind', befürchten Friedrich Edding und Dietrich Goldschmitdt […] 'schwere Spannungen unvermeidbar'. Damit ist in der Tat das Kernproblem bezeichnet, das gar nicht einmal primär in der rasch zunehmenden Zahl von Akademikern, also nicht in der Quantität, sondern in den einseitig oder verfehlt angelegten Studiengängen und -inhalten besteht. […] Wie will der Politologe, dessen Hauptgebiete 'Theorie des Klassenkampfes' und 'Strategie der Systemüberwindung' waren, seinen Schülern im Sozialkundeunterricht das Funktionieren unseres Wirtschaftssystems beibringen? [S. 47f.] […] Es ist längst kein Geheimnis mehr, daß an unseren Hochschulen die Studien- und Prüfungsreform liegengeblieben ist, daß Ideologisierung und Radikalisierung zu einem Leistungsabfall geführt haben und daß die quantitative 'Studenteneskalation' die Chancen im späteren Beruf beeinträchtigt und die jungen Menschen verunsichert.“<ref>Winfried Schlaffke (1972): Akademisches Proletariat?, Osnabrück</ref>
::(siehe auch Narrative: [[Akademikerschwemme]], [[Chancengleichheit]], [[Begabung]], [[Gleichmacherei]], [[Ideologisierung]])
::(siehe auch Narrative: [[Akademikerschwemme]], [[Chancengleichheit]], [[Begabung]], [[Gleichmacherei]], [[Ideologisierung]])


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