Akademisches Proletariat: Unterschied zwischen den Versionen

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== Äußerungen im Narrativ ''Akademisches Proletariat'' ==
== Äußerungen im Narrativ ''Akademisches Proletariat'' ==
* 1896: Im Artikel „Von Unten nach Oben“ der [[National-Liberalismus|national-liberalen]] Zeitschrift ''Die Grenzboten'' heißt es unter anderem:
* 1896: Im Artikel „Von Unten nach Oben“ der [[Nationalliberalismus|nationalliberalen]] Zeitschrift ''Die Grenzboten'' heißt es unter anderem:
  „Als man vor einer Reihe von Jahren bei uns zuerst den Ausdruck 'studiertes Proletariat' oder 'akademisches Proletariat' hörte, da wurde er von einzelnen, z. B. von Bismarck in der vielleicht zu wohlwollenden Voraussetzung gebraucht, als ob man die Sache, die damit bezeichnet werden sollte, in Deutschland noch nicht hätte. Man wollte damit vielmehr vor einer künftigen Gefahr warnen, wozu man die Beispiele damals noch aus Rußland übernehmen mußte. Gegenwärtig wird auch der größte Optimist zugeben, daß wir mit selbstgezognem Material dienen können.. Dem gegenüber wäre wohl einmal zu erwägen, ob bei solcher Überfüllung der akademischen Berufe die „Zuckerprämie" auf der Universität überhaupt noch einen Sinn habe? Manches, wie die auf Stiftungen, namentlich einzelner Familien beruhenden Stipendien, wird sich nicht ohne weiteres beseitigen lassen, es hat aber auch eine andre praktische Bedeutung. Freitische dagegen und allgemeine kleine Geldstipendien („Saufstipendien" nennt sie hie und da der Student) sind Mittel zur Beförderung eines Pauperismus, mit dessen Pflege dem Staat und der Allgemeinheit kein Dienst erwiesen wird, dem Einzelnen aber auch nur selten ein wirkliches Glück geschieht. Der Staat könnte ohne irgend einen Schaden auf den Ersatz seines höhern Mittelstandes aus der niedern Volksschicht verzichten, und wenn er nur Mittel stände, ihn zu verhindern, so würde auch dem Einzelnen nichts entzogen werden. (S. 509) […] [Der Verfasser hat] zahlreiche Menschen kennen gelernt, die geradeswegs von unten nach oben strebten, aber unter diesen Hunderten wüßte er nur wenige zu nennen, die sich und andre in diesem Streben glücklich gemacht haben. (ebd.) […] Es läßt sich nun einmal nicht verkennen, [...] : ein gewisser Besitz verbürgt, um es möglichst vorsichtig auszudrücken, in der Regel ein gewisses Verhalten des betreffenden Besitzers. (S. 509f.) […] Man kann sogar sagen: der Parvenü findet das richtige Verhalten zu dem äußern Besitz fast nie. Ihm wird seine Herkunft immer anhängen. Wer aber Aufwand aus eignen Mitteln für Zwecke höherer Bildung zu machen gewohnt ist, lernt beides früh zu einander in Verhältnis setzen, und solche Anschauung vererbt sich vom Vater auf den Sohn, oder richtiger: die Familie gibt sie dem Einzelnen mit ins Leben, und draußen lernt er dann erkennen, was diese Gabe wert ist. Das bedeutet noch lange nicht die Einerleiheit von 'Besitz und Bildung', aber wohl bezeichnet es den Weg, wo beides zu einer Einheit werden konnte. Was ich mir geistig erwerbe, ist mein eigen. Wenn ich dafür äußere Mittel aufwenden kann, so bin ich besser dran als mancher andre. (S. 510) […] Und diese gute Gewöhnung einer höhern Kultur, wenn auch des Einzelnen persönliches Verdienst darum nicht mehr groß ist, wollen wir nicht gering achten. Wir können dabei wohlthun und mitteilen und brauchen noch lange kein Mammonsdiener zu sein, wenn wir meinen, daß auch die Bildung im letzten Sinne etwas kastenartiges hat und an die Grenzen eines gewissen äußern Verhaltens gebunden ist. (ebd.)“<ref>Anonym (1896): Von unten nach oben, in: Die Grenzboten. 55. Jg, 1896 Bd 2, S.496-511 [https://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/titleinfo/363895 PDF])</ref>
  „Als man vor einer Reihe von Jahren bei uns zuerst den Ausdruck 'studiertes Proletariat' oder 'akademisches Proletariat' hörte, da wurde er von einzelnen, z. B. von Bismarck in der vielleicht zu wohlwollenden Voraussetzung gebraucht, als ob man die Sache, die damit bezeichnet werden sollte, in Deutschland noch nicht hätte. Man wollte damit vielmehr vor einer künftigen Gefahr warnen, wozu man die Beispiele damals noch aus Rußland übernehmen mußte. Gegenwärtig wird auch der größte Optimist zugeben, daß wir mit selbstgezognem Material dienen können.. Dem gegenüber wäre wohl einmal zu erwägen, ob bei solcher Überfüllung der akademischen Berufe die „Zuckerprämie" auf der Universität überhaupt noch einen Sinn habe? Manches, wie die auf Stiftungen, namentlich einzelner Familien beruhenden Stipendien, wird sich nicht ohne weiteres beseitigen lassen, es hat aber auch eine andre praktische Bedeutung. Freitische dagegen und allgemeine kleine Geldstipendien („Saufstipendien" nennt sie hie und da der Student) sind Mittel zur Beförderung eines Pauperismus, mit dessen Pflege dem Staat und der Allgemeinheit kein Dienst erwiesen wird, dem Einzelnen aber auch nur selten ein wirkliches Glück geschieht. Der Staat könnte ohne irgend einen Schaden auf den Ersatz seines höhern Mittelstandes aus der niedern Volksschicht verzichten, und wenn er nur Mittel stände, ihn zu verhindern, so würde auch dem Einzelnen nichts entzogen werden. (S. 509) […] [Der Verfasser hat] zahlreiche Menschen kennen gelernt, die geradeswegs von unten nach oben strebten, aber unter diesen Hunderten wüßte er nur wenige zu nennen, die sich und andre in diesem Streben glücklich gemacht haben. (ebd.) […] Es läßt sich nun einmal nicht verkennen, [...] : ein gewisser Besitz verbürgt, um es möglichst vorsichtig auszudrücken, in der Regel ein gewisses Verhalten des betreffenden Besitzers. (S. 509f.) […] Man kann sogar sagen: der Parvenü findet das richtige Verhalten zu dem äußern Besitz fast nie. Ihm wird seine Herkunft immer anhängen. Wer aber Aufwand aus eignen Mitteln für Zwecke höherer Bildung zu machen gewohnt ist, lernt beides früh zu einander in Verhältnis setzen, und solche Anschauung vererbt sich vom Vater auf den Sohn, oder richtiger: die Familie gibt sie dem Einzelnen mit ins Leben, und draußen lernt er dann erkennen, was diese Gabe wert ist. Das bedeutet noch lange nicht die Einerleiheit von 'Besitz und Bildung', aber wohl bezeichnet es den Weg, wo beides zu einer Einheit werden konnte. Was ich mir geistig erwerbe, ist mein eigen. Wenn ich dafür äußere Mittel aufwenden kann, so bin ich besser dran als mancher andre. (S. 510) […] Und diese gute Gewöhnung einer höhern Kultur, wenn auch des Einzelnen persönliches Verdienst darum nicht mehr groß ist, wollen wir nicht gering achten. Wir können dabei wohlthun und mitteilen und brauchen noch lange kein Mammonsdiener zu sein, wenn wir meinen, daß auch die Bildung im letzten Sinne etwas kastenartiges hat und an die Grenzen eines gewissen äußern Verhaltens gebunden ist. (ebd.)“<ref>Anonym (1896): Von unten nach oben, in: Die Grenzboten. 55. Jg, 1896 Bd 2, S.496-511 [https://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/titleinfo/363895 PDF])</ref>
::(siehe auch Narrative: [[Unterstützung wird versoffen]], [[Niedere Schicht]], [[Hochkultur]])
::(siehe auch Narrative: [[Unterstützung wird versoffen]], [[Niedere Schicht]], [[Hochkultur]])

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